
Ich warne euch vor, es wird etwas länger. O:) Aber diese Frage ist auch ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt. Wenn es Fragen gibt, die ihr für den Fragefreitag habt, nur her damit. :)
WARUM GIBT ES IN DER LESEKATZEN BUCHBOX NUR DEUTSCHSPRACHIGE AUTOREN?
"In Kleinverlagen gibt es eh keine anständigen Bücher"
"Selfpublisher? Die sind doch alle von Verlagen abgelehnt worden."
"Deutsche Autoren? Les ich nicht, die können eh alle nicht schreiben."
Kennt ihr diese oder ähnliche Aussagen? Ich persönlich kann sie nicht mehr hören - gut, ich konnte sie noch nie hören. Ich war noch nie ein Fan von Verallgemeinerungen und hab mir immer lieber selbst meine Meinung gebildet.
Zu den oben zitierten Aussagen kann ich im Übrigen nur eines sagen: Bullshit! (Ja, das muss jetzt mal nicht auf Deutsch sein.)
Kennt ihr Bullshit-Bingo? Eine Karte mit typischen negativen Aussagen, die man eine nach der anderen abhaken kann, bis man ein Bingo schafft. Ich glaube, jeder, der auf irgendeine Weise in der großen, weiten Buchwelt agiert, kann ganze Bullshit-Bingo-Turniere mit den Aussagen abhalten, die er sich schon anhören musste.
Ich selbst finde es immer wieder faszinierend, welche Gründe es dafür gibt, ein Buch NICHT zu lesen. Das fängt bei nachvollziehbaren Gründen wie "Das ist nicht mein Genre" an, geht über schon verwunderlichere Gründe wie "Mir gefällt das Gesicht auf dem Cover nicht, das hat Sommersprossen. Ohne Sommersprossen hätte ich es gelesen.", hin zu Gründen, bei denen ich ein nervöses Zucken um die Lider bekomme: "Ich lese keine Bücher aus Kleinverlagen/von Frauen/von Männern/von Autoren unter 50."
"Ich lese keine Bücher von deutschen Autoren. Die können alle nicht schreiben."
Das ist dann der Moment, in dem ich losschreien möchte. Ich bin aber ein sehr ruhiger - und konfliktscheuer - Mensch und schreie daher nur innerlich.
Woher kommt nur dieser schreckliche Gedanke, wir Deutschen (oder besser: Deutschsprachigen) könnten nicht schreiben? Kann es wirklich Menschen geben, die kein einziges Buch von einem deutschsprachigen Autor gelesen und für gut befunden haben? Nicht eines? Oder zählt diese Aussage nur, wenn es um aktuelle Autoren geht? Wird ein Buch automatisch besser, wenn es von Liza Miller statt von Lieschen Müller geschrieben wird?
Nein, natürlich nicht.
Wir hatten von jeher eine so wunderbare Auswahl an Schriftstellern, die in unserer Muttersprache schreiben. Die jede ihrer Nuancen ausnutzen können. Wie viel Witz, wie viele Wortspiele gehen in Übersetzungen verloren? (Kleines Beispiel gefällig? Orte aus Harry Potter: Diagon Alley ... sagt den Namen jetzt mal ganz schnell: diagonally, Knockturn Alley ... nocturnally, Grimmauld Place ... grim old/mould place. Wortspiele, wunderschön und oft erst beim zweiten oder dritten Mal lesen erkennbar, in der Übersetzung existieren sie nicht. Können sie gar nicht und kein Autor kann alle Sprachen der Welt bedenken, wenn er eine Geschichte schreibt. Alle Game of Thrones-Serien-Fans seien auch an die Folge "Das Tor" erinnert ... Englisch/Deutsch ging ja noch ... aber schaut euch mal die Versionen auf Spanisch, Polnisch, Finnisch oder Japanisch an .... die armen Übersetzer, sag ich da nur).
Aber zurück zur eigentlichen Frage: Wieso gibt es in der Lesekatzen Buchbox nur deutschsprachige Autoren?
Weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie weh es tut, das eigene Buchbaby unbeachtet zu sehen. Weil ich weiß, wie vielen tollen Autorenkollegen es auch so geht.
Weil es so viele tolle Geschichten von deutschsprachigen Autoren gibt! Und ganz, ganz viele davon werden kaum gefunden, selbst wenn sie veröffentlicht werden. Weil Leser einen Bogen um Kleinverlage machen, oder nur Hardcover lesen, oder nur Taschenbücher, oder nur das, was in ihrer Buchhandlung auf dem Bestsellertisch liegt. Weil sie diese eine tolle Geschichte einfach gar nicht finden (können), in der Vielzahl an neu erschienenen Büchern, die es jedes Jahr gibt.
Ausländische Titel (gerade englischsprachige) haben hier einen massiven Vorteil: Sie wurden bereits gelesen. Sie haben bereits Fans. Sie wurden bereits besprochen, beworben und haben bereits eine hohe Sichtbarkeit. Auch bei den deutschen Verlagen sieht man sie recht prominent.
Deutschsprachige Titel müssen erst von ganz unten anfangen. Sie müssen kämpfen, um überhaupt gesehen und dann auch in die Hand genommen und gelesen zu werden. Dabei haben sie es nicht weniger verdient, gelesen und geliebt und gepusht zu werden, wie Übersetzungen.
Deswegen gibt es in der Lesekatzen Buchbox nur deutschsprachige Autoren. Wo/wie sie veröffentlichen ist für meine Wahl des Monatsbuches irrelevant, ob es ein Debüt oder der hundertste Titel ist genauso wie die Frage, ob es ein Hard- oder Softcover ist. Die Geschichte ist es, worum es geht. Ein Autor schreibt seine Geschichte nicht anders, weil sie in einem anderen Format erscheint. Die Geschichte verändert sich nicht, weil sie auf anderem Papier gedruckt wird. Die Figuren, mit denen wir beim Lesen mitfiebern sind die gleichen, egal, wie dick der Einband ist.
Ich weiß von euren Unboxings und privaten Nachrichten, dass ich euch in der Box schon Bücher von euren Wunschlisten geschickt habe, aber auch Bücher, von denen ihr nie gehört habt. Besonders freue ich mich aber zu hören, wenn euch ein Buch aus der Box die Nacht über wachgehalten hat und ihr es einfach nicht aus der Hand legen konntet. Denn das beweist mir zwei Dinge: 1. Ich habe alles richtig gemacht und 2. Wir können eben doch gute Bücher schreiben. :p
So und jetzt etwas Erheiterndes: Lasst uns Bullshit-Bingo spielen. :p Welche Aussagen zu Büchern/dem Lesen lassen in euch den Wunsch aufkommen, mit dem Kopf auf die Tischplatte zu hauen (es muss ja nicht euer Kopf sein. ;) )?
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